Begründung:
Einführung in den Sachverhalt
Größere Kredite benötigen Sicherheiten, in der Regel durch eine Grundschuld oder (selten) Hypothek, eingetragen auf einer Immobilie des Schuldners. Die Bank (oder auch der private Gläubiger) hat hierdurch die Möglichkeit, bei Nichtzahlung des Kredits die Immobilie zu versteigern.
Die Grundschuld (und auch die Hypothek) war vom Gesetzgeber vor 120 Jahren ursprünglich als Briefgrundschuld ausgestaltet. Als zweite Möglichkeit besteht die Grundschuld ohne Brief, die sog. Buchgrundschuld. Diese ist im Grundbuch einzutragen, eine Abtretung muss ebenfalls im Grundbuch eingetragen werden.
Bei der Briefgrundschuld wird zusätzlich zur Eintragung ein sog. Grundschuldbrief ausgegeben. Dieser funktioniert wie eine Art Wertpapier. Ohne Vorlage des Briefes im Original kann das Recht nicht verwertet, übertragen oder gelöscht werden. Die Grundschuld kann damit auch außerhalb des Grundbuchs durch Abtretungserklärung und Übergabe des Grundschuldbriefs übertragen werden. Man sieht im Grundbuch dann nicht, wer Gläubiger ist.
Hieraus ergeben sich verschiedene Schwierigkeiten:
1. Die Briefgrundschuld steht der Digitalisierung des Grundstücksverkehrs im Wege
Sämtliche Kommunikation zwischen Notaren und Grundbuchämtern soll künftig ausschließlich elektronisch stattfinden, in vielen Bundesländern ist dies bereits so. Sämtliche Anträge werden elektronisch gestellt und bearbeitet. Die (nahezu) einzige Ausnahme hierzu ist der Grundschuldbrief. Zusätzlich zur notariellen Löschungsbewilligung des Gläubigers und dem Löschungsantrag des Eigentümers, die elektronisch eingereicht werden, muss der Grundschuldbrief per Bote oder per Post beim Grundbuchamt eingehen. Solange der Brief nicht körperlich dort ist, kann dem elektronischen Antrag nicht entsprochen werden.
Sämtliche, den Brief betreffenden Anträge müssen daher von Hand bearbeitet, Änderungen mit Schreibmaschine (!) auf dem Brief eingetragen werden.
All dies beinhaltet bei Grundbuch und Notar einen die Digitalisierung behindernden zusätzlichen Arbeitsaufwand.
2. Die Briefgrundschuld behindert den Grundstücksverkehr
Geht ein Grundschuldbrief verloren, muss er in einem Aufgebotsverfahren für kraftlos erklärt werden. Dies kostet etwa 1000 EUR und dauert ca. ein Dreiviertel Jahr.
Verluste werden häufiger, weil einerseits die Post nicht mehr so zuverlässig ist. Andererseits schickten Bausparkassen, die früher regelmäßig Briefgrundschulden bestellt haben, den Eigentümern nach Rückzahlung des Kredits die Löschungsunterlagen und auch den Grundschuldbrief unaufgefordert zu, welche die Handhabung nicht kannten und die Unterlagen nach 10 Jahren vernichteten. Nicht selten gehen die Briefe auch im Nachlass mit dem „ganzen alten Zeug“ des Erblassers verlustig. Hier entsteht ein zusätzliches Problem durch den Datenschutz:
Da die Banken nach 10 Jahren die Unterlagen der beendeten Geschäftsbeziehung zu vernichten haben, können diese keine Auskunft mehr über den Verbleib des Briefes geben. Damit kann für das Aufgebotsverfahren der Verlust nicht mehr glaubhaft gemacht werden.
Den Eigentümern verbleibt dann nur das Verfahren bei unbekannten Gläubigern, § 1170 BGB, welches erst 10 Jahre nach einem möglichen Erbfall durchgeführt werden kann. Das heißt, Erben, die den Grundschuldbrief nicht finden, müssen nunmehr ggf. 10 Jahre warten, bevor die geerbte Immobilie wieder verkäuflich wird, weil erst dann das alte Recht mit dem verlorenen Brief gelöscht werden kann.
3. Die Briefgrundschuld ist nicht mehr zeitgemäß
Insbesondere auch aufgrund dieser Schwierigkeiten sind höchstens 5\\\\% neu bestellter Grundschulden tatsächlich noch Briefgrundschulden (Umfrage in 10 bayerischen Notarämtern, meist sogar 2\\%).
4. Die Briefgrundschuld ist im Privatbereich ein Verschleierungsinstrument und Hilfe für unseriöse Geschäftspraktiken
Briefgrundschulden werden gelegentlich für Privatgläubiger bestellt, aber ohne diese im Grundbuch einzutragen, nur durch Übergabe des Briefes und Abtretung. Die wahren wirtschaftlichen Verhältnisse werden verschleiert. Auf diesem Wege können auch undurchsichtige Treuhandschaften für Immobilien gestaltet werden, die durchaus auch in den Bereich der Geldwäsche fallen können.
5. Die Abschaffung ist auch politisch gewünscht
Bereits die Herbstkonferenz der Justizminister am 10. November 2023 bat den BMJ, die Abschaffung zu prüfen.
https://www.justiz.bayern.de/media/pdf/top\\\\_i.5-abschaffung\\\\_inhabergrundschuld.pdf
Vorschlag zur Umsetzung der Abschaffung
Um die noch vorhandenen Grundschuld- und Hypothekenbriefe abzuschaffen, böte sich ein quasi bundesweites Aufgebotsverfahren an: Im Gesetz wird veröffentlicht, dass alle noch bestehenden Grundschuld- und Hypothekenbriefe innerhalb einer bestimmten Frist für kraftlos erklärt werden und die damit verbundene Sicherheit zur Buchgrundschuld/-hypothek wird.